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Problematischer PiS-Sieg in Brüssel. Ein Zeichen für eine Art von Schizophrenie?

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 03.07.2019 10:54
Die Wahl von Ursula von der Leyen zur Leiterin der Europäischen Kommission ist ein sehr problematischer Sieg für die polnische Diplomatie.
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Die Wahl von Ursula von der Leyen zur Leiterin der Europäischen Kommission ist ein sehr problematischer Sieg für die polnische Diplomatie, schreibt Michał Szułdrzyński für die Rzeczpospolita.

Einerseits sei es ein Sieg, weil es der Regierung gelungen ist, die Kandidatur von Frans Timmermans für diese Position zu blockieren. Timmermans werde jedoch höchstwahrscheinlich der stellvertretende Vorsitzende der Kommission sein und weiterhin Polen für die Umsetzung der Rechtsstaatlichkeit anprangern.

Von der Leyen vertrete in vielen Punkten Ansichten, die dem polnischen Interesse entsprechen. Laut polnischen Diplomaten ist sie konservativ, was das Abkommen zwischen ihr und der polnischen rechten Regierung erleichtern könnte. Als Verteidigungsministerin nahm sie an den NATO-Gipfeln in Newport und Warschau teil und nahm an den wichtigsten Entscheidungen zur Ausweitung der Präsenz des Bündnisses nach Osten teil. Sie gehört auch nicht zu Politikern, behauptet die Rzeczpospolita, die als Verbündete des Kremls, sog. "Ruslandversteher", gelten. Wie Angela Merkel habe auch sie eine ziemlich verständnisvolle Haltung gegenüber Mitteleuropa - sie verstehe, dass der Aufbau einer Union der zwei Geschwindigkeiten ohne unsere Region nicht im Interesse Deutschlands liege, da die Visegrad-Staaten zusammen einer der wichtigsten Handelspartner der Bundesrepublik seien.

PiS werde jetzt aber Schwierigkeiten haben, die Unterstützung für diese Kandidatur zu erklären, bemerkt Szułdrzyńśki des Weiteren. Zuerst beschwere sich die Regierung, dass Deutschland eine zu große Rolle in der Europäischen Union spiele. In einer Situation, in der die PiS Donald Tusk beschuldige, dass er die Interessen von Deutschland realisiere und die Behörden von Danzig beschuldigt werden angeblich pro-deutsch zu sein, ist die offene Unterstützung von Ministerpräsident Morawiecki für die deutsche Politikerin als Leiterin der Europäischen Kommission, "ein Zeichen für eine Art von Schizophrenie". Bedeutet das, dass die anti-deutsche Rhetorik nur ein Spiel für den internen Gebrauch sei und die Regierung sehr gut wisse, dass wir mit unseren westlichen Nachbarn zu einer verstärkten Zusammenarbeit verurteilt sind und alles andere nur rein politisches PR ist, fragt Szułdrzyński rhetorisch.

Auf der einen Seite sage die PiS auch, dass die Deutschen Polen eine Entschädigung für den Zweiten Weltkrieg zahlen müssen und das Berlin zu viel Einfluss auf das, was in Europa geschieht, habe. Zugleich aber unterstütze die Partei die deutsche Politikerin für den wichtigsten Posten in der gesamten Europäischen Union. Darüber hinaus ist ein Deutscher an der Spitze der EU, etwas, was für viele Jahre nach der EU-Osterweiterung unglaublich schien. Darüber hinaus sei die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin kein PiS-Fan - vor zwei Jahren argumentierte sie sogar, dass man Kräfte unterstützen müsse, die gegen die Regierung der Recht und Gerechtigkeit Partei protestieren, womit sie auf eine starke Reaktion von PiS-Politikern stieß.

Am Ende fragt sich Szułdrzyński, ob die neue Chefin der Kommission ein unabhängiger Politiker sein werde, denn die Union brauche jetzt Visionäre und charismatische Politiker. Die Frage sei also, ob von der Leyen eine Vision habe oder ob sie den Anweisungen ihrer politischen Beschützerin Angela Merkel folgen werde? Europa brauche nämlich keinen schwachen Anführer, der von jemand anderem kontrolliert werde, sondern jemandem, der nicht nur die Regierungen aller EU-Länder, aber auch die Bürger davon überzeugt, dass er die Union aus der schweren Krise, in der sie sich befindet, herausziehen kann.

rzeczpospolita/Piotr Siemiński

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