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Putin siegt, Europa bereitet Sanktionen vor

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 19.03.2018 12:00
Heutige Themen: Präsidentschaftswahlen in Russland und der Antrittsbesuch von Angela Merkel in Warschau.
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Rzeczpospolita/Dziennik Gazeta Prawna: Putin siegt, Europa bereitet Sanktionen vor

“Nach dem Ausschluss von Aleksiej Nawalny aus den Wahlen, kann man die Wahlen in Russland nicht als demokratisch einstufen” - zitiert den polnischen Außenminister Jacek Czaputowicz die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita. Wie das Blatt betont, starte Vladimir Putin geschwächt in die für ihn schon vierte Amtszeit als Staatspräsident. Alles wegen der niedrigen Wahlfrequenz: Der Kreml habe auf 70 Prozent Wahlbeteiligung gezählt. Zu den Urnen seien allerdings nur knapp 60 Prozent der Wahlberechtigten gegangen. Vielerorts habe die Wahlfrequenz 50 Prozent nicht überschritten. Und wenn sich diese Tendenz in ganz Russland bestätige, dann bedeute das eine langsame Delegitimierung des Systems, lesen wir in der Rzeczpospolita.

Das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna wiederum betont, dass nach Großbritannien auch Polen sich für eine Ausweisung russischer Diplomaten vor dem Hintergrund des chemischen Attentats in Großbritannien entscheiden könnte. Die Entscheidung könnte noch heute fallen, habe das Blatt eigenen Angaben zufolge aus Regierungskreisen erfahren.

Gazeta Polska Codziennie: Gesten und Gespräche mit Deutschland

Zweites führendes Thema in den Tagesblättern: der heutige Besuch der Bundeskanzlerin in Polen. Deutschland habe vieles mit Polen zu besprechen, ist die nationalkonservative Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie überzeugt. Solche Themen etwa, wie die weitere Entwicklung der Rekordumsätze im Handelsaustausch, die Reform der EU und die neue Haushaltsperspektive der Union. “Lasst uns also sprechen”, so das Blatt. Polen sollte dies aber von der Position des informellen Anführers der Region und eines nichtständigen Mitglieds des UNO-Sicherheitsrates tun. Von der Position eines Staates, der imstande sei, ernsthafte internationale Koalitionen für die Unterstützung seiner Argumente, darunter für den Stopp des von Deutschland unterstützten Nord Stream 2 Projekts zu bilden.

Rzeczpospolita: Deutsche Spitzenpolitiker in Polen. Weder Preis, noch Geschenk

Warschau sei neuerdings, schreibt indes in seinem Kommentar für die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita der Politologe Marek Cichocki, Ziel einer überraschenden diplomatischen Offensive von deutscher Seite geworden. Am Freitag, erinnert Cichocki, habe der neue Außenminister Heiko Maas Warschau besucht, jetzt erscheine Angela Merkel an der Weichsel.

Diese politische Belebung, so der Politologe, könne zu einer Ernüchterung all derjenigen führen, die in letzter Zeit hartnäckig behauptet hatten, Polen sei in Europa isoliert. Polen, lesen wir im Kommentar, sei ein zu großes Land in der EU, um isoliert werden zu können. Doch die Visiten, so Cichocki weiter, sollten weder als Preis, noch als Geschenk verstanden werden. Man dürfe nicht vergessen, dass Deutschland nach mehrmonatiger politischer Krise in die europäische Politik zurückkehre - und zwar unter neuen, für sich schwierigeren Bedingungen. Da sei einerseits, zählt der Publizist auf, die große innenpolitische Instabilität. Zweitens der Zollkrieg mit den USA. Drittens der “harte Brexit”, der die wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik gefährde. Und die ehrgeizigen Pläne Macrons für die Eurozone, die für Berlin neue finanzielle und politische Verpflichtungen bedeuten könnten. Vor diesem Hintergrund bestehe die Chance, dass Berlin zu einem pragmatischeren Kalkül zurückkehrt.

Deutschland suche, so der Autor weiter, trotz tiefer ideologischer Vorurteile, einen Partner in der polnischen Regierung. Und diese Chance wäre es gut zu nutzen. Wichtige Vorbedingung sei jedoch eine klare Definition durch die polnische Regierung, welche Ziele Warschau durch eine neue trilaterale Zusammenarbeit mit Deutschland und Frankreich erreichen wolle. Denn das Weimarer Dreieck, so Cichocki, könne nicht mehr das werden, was es einmal war: ein politisches PR-Projekt nämlich. Und die polnischen Ambitionen dürften sich auch nicht darauf beschränken, den mitteleuropäischen Partnern zu zeigen, wie wichtig Polen wieder sei, nur da man mit Berlin und Paris auf Augenhöhe diskutiere. Stattdessen sei ein politisches Format notwendig, in dem Lösungen für reelle Interessenunterschiede zwischen Polen und Deutschland diskutiert werden könnten.

Das würde jedoch auch den Durchbruch einer psychologischen Barriere auf polnischer Seite erfordern und den Glauben der Regierenden daran, dass die Zusammenarbeit mit Deutschland sich zu einem Bereich der eigenen, effektiven Politik entwickeln könne, so Marek Cichocki in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Wieviel bezahlen wir für den Starrsinn der PiS?

Bartosz Wieliński von der linksliberalen Tageszeitung Gazeta Wyborcza schließlich, ruft die Regierenden zu Zugeständnissen in Richtung Deutschland und Europa auf. Deutschland, so Wieliński, sei es bei der aktuellen internationalen Situation beileibe nicht an einer Verschärfung des Konfliktes mit Polen gelegen. Entgegen der nationalkonservativen Propaganda würden die wichtigsten deutschen Politiker, wie man sehe, gleich nach ihrer Vereidigung Warschau besuchen. Und freundschaftlich daran erinnern, dass falls Polen nicht wenigstens ein wenig einlenkt, man in der zweiten Jahreshälfte im Europäischen Rat keine andere Wahl haben werde, als für Sanktionen gegen Warschau zu stimmen. Und dann könne sich herausstellen, dass das einzige Land, das Polen unterstütze, Ungarn sein werde. Das wiederum werde sich im künftigen EU-Haushalt und der Position Polens in der EU widerspiegeln. Der Präsident und der Premierminister werden sich selbst auf die Frage antworten müssen, ob ihre Querköpfigkeit diesen Preis wert sei, so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza.

Adam de Nisau

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