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Deutsche Verbrecher auf polnischem Friedhof gedacht

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 29.01.2019 14:25
Auf dem größten städtischen Friedhof in Poznań gibt es seit vielen Jahren ein ausgesondertes deutsches Viertel. Begraben liegen dort Wehrmachtssoldaten, die im Zweiten Weltkrieg im besetzten Polen starben. Diesen Platz markieren Bronzetafeln, die auch an Hitlers Verbrecher erinnern, die hier ebenfalls bestattet wurden.
Der Friedhof Miłostowo in Poznań (Posen) Der Friedhof Miłostowo in Poznań (Posen)

Auf dem größten städtischen Friedhof in Poznań gibt es seit vielen Jahren ein ausgesondertes deutsches Viertel. Begraben liegen dort Wehrmachtssoldaten, die im Zweiten Weltkrieg im besetzten Polen starben. Diesen Platz markieren Bronzetafeln, die auch an Hitlers Verbrecher erinnern, die hier ebenfalls bestattet wurden.

Der Friedhof Miłostowo in Poznań (Posen) wurde in den frühen 40er Jahren des letzten Jahrhunderts während der Besetzung Polens durch die Deutschen gegründet. 1942 arbeiteten jüdische Arbeiter aus dem Lager Elektromühle in Posen und später auch aus anderen KZ-Lagern in Warthegau und Posen-Ost, Orten die besetzt und nach dem Angriff von Hitlerdeutschland auf Polen in das Dritte Reich eingegliedert wurden, am Bau des deutschen Friedhofs. Die ersten Bestattungen in Miłostów gehen auf das Jahr 1943 zurück. Das sogenannte "deutsche Viertel" wurden dort erst gegen 1994 angelegt. Zur Entstehung dieser Ruhestätte trugen unter anderem der Vertrag von 1991 und gegenseitige Vereinbarungen zwischen der polnischen und deutschen Seite bei. In der Mitte des Friedhofviertels befinden sich acht große, braune Gedenktafeln, auf denen 1544 Namen von deutschen Wehrmachtssoldaten eingraviert sind, die in der Umgebung von Poznań verstorbenen oder umgekommen sind.

Unter den Namen befinden sich zwei deutsche NS-Verbrecher: Dr. Rudolf Lange und Hermann Gielow.

Doktor Rudolf Lange (geb. 1910) war ausgebildeter Rechtsanwalt. Im Herbst 1936 trat er der SS bei. Ein Jahr später zur NSDAP. Nach dem Angriff von Nazideutschland auf Polen arbeitete er in der Gestapo (u.a. in Weimar und Erfurt). Nach Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges wurde er Mitglied der Einsatzgruppe A. Bis Dezember 1941 ermordete die Einheit bei Massenexekutionen rund 60.000 lettische und deutsche Juden. Am 20. Januar 1942 nahm Dr. Rudolf Lange an der Konferenz in Wannsee teil, bei der über die "endgültige Lösung der jüdischen Frage" entschieden wurde. Lange war ihr jüngster Teilnehmer. Nach seiner Rückkehr nach Lettland beteiligte sich Lange weiterhin an der Ermordung der Zivilbevölkerung. Seine Einheit setzte seit 1942 auch Gaskammerwagen ein. Unter anderem in Kulmhof, wo nicht nur Juden, sondern auch Roma, sowjetische Kriegsgefangene, Polen (darunter Nonnen und Priester aus Altersheimen), Kinder aus der Region Zamość und aus den tschechischen Dörfern Lidice und Ležáky getötet wurden.

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Einer der Fahrer solcher Gaskammerwagen in der zweiten Phase der Kulmhof-Operation war Hermann Gielow. Gielow (geb. 1892) arbeitete den größten Teil seines Lebens als Schlosser und Fahrer. Er kämpfte auch als Soldat während des Ersten Weltkriegs in der Schlacht von Verdun. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde er in die Armee berufen, in die Gestapo eingegliedert und nach Poznań geschickt. Er kam im Mai 1944 in das Vernichtungslager Kulmhof. Für seine Arbeit als Fahrer einer der mobilen Gaskammern erhielt er eine Gage.

Doktor Rudolf Lange beteiligte sich 1945 an den Kämpfen um Posen. Die Stadt verteidigte sich lange vor den Truppen der Roten Armee. Aber nach dem Fall der Stadt beging er, wahrscheinlich um den Konsequenzen für seine Verbrechen zu entgehen, Selbstmord.

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Hermann Gielow hingegen wurde von der NKWD (russischen Geheimpolizei) festgenommen. Am 30. April 1948 wurde er an Polen (ab 1945 unter sowjetischer Besatzung) übergeben. Im Februar 1950 wurde der deutsche Fahrer für die Beteiligung an der Ermordung von fast 10.000 Juden (hauptsächlich ältere Menschen, Frauen und Kinder) in mobilen Gaskammer schuldig gesprochen. Am 16. Mai 1950 verurteilte das Gericht Gielów zum Tod. Hermann Gielow wurde am 6. Juni 1951 in Poznań gehängt.

Das Abkommen über die "Gräber der Opfer von Kriegen und totalitärer Gewalt", dass am 8. Dezember 2003 zwischen den Regierungen Polens und Deutschlands unterzeichnet wurde, wurde zur Grundlage für rechtliche Lösungen von Fragen, die mit der Sorge um die Gräber deutscher Soldaten in Polen verbunden sind. Die ungenauen Bestimmungen des Abkommens erlauben allerdings, dass auch Namen von Kriegsverbrechern auf Gedenktafeln, wie denen auf dem Friedhof in Poznań, angebracht werden. Die Bestimmungen über "Angehörige der Bundeswehr" wurden sehr allgemein formuliert und erlauben eine weitgehende Interpretation. Nach Informationen der deutsch-polnischen Stiftung "Fundacja Pamięci", die sich um die deutschen Gräber kümmert, "stellt die deutsche Seite keine Soldatenlisten auf einzelnen Friedhöfen [in Polen] zur Verfügung", wodurch die Identifizierung deutscher Kriegsverbrecher aus der NS-Zeit sehr schwierig ist.

polskieradio.pl/ps

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